„Absolute Verbindlichkeit der Politik ist unmöglich“

Univ.-Prof. Dr. Anton Pelinka, Doyen der österreichischen Politikwissenschaft und seit 2006 Professor of Nationalism Studies and Political Science an der Central European University in Budapest, referierte im Rahmen des wikopreventk-Symposiums “Kommunikation und Verbindlichkeit”, das vom 18. bis 19. Mai in Hainburg stattfand, zum Thema “Wunschbild: Verbindliche Politik”:

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Die wichtigsten Erkenntnisse

  • Verbindlichkeit ist immer relativ – wem gegenüber besteht sie, und wie lange? Absolute Verbindlichkeit ist mit Demokratie nicht kompatibel, da das Volk nicht homogen ist. Demokratie braucht Konflikte zwischen Interessen und Wertvorstellungen. Konflikte sind in einem bestimmten Rahmen als unbedingt positiv anzusehen.
  • Die Demokratie als ideale, fast schon positiv verklärte Vorstellung von Parteien, die verlässlich ihrem Wahlprogramm folgen, kann der Realität nicht standhalten. Das höchste Gut jeder politischen Partei in demokratischen Systemen ist nicht ihr Programm, sondern der nächste Wahlsieg. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Verbindlichkeit der Akteure: Politikerinnen und Politiker passen ihre Äußerungen, Maßnahmen und Positionen dem an, von dem sie glauben, dass es den Wahlsieg bringen kann und vermeiden gleichzeitig alles, was diesen gefährdet.
  • Es ist erkennbar, dass die stabile Bindung an eine bestimmte Partei rückläufig ist. Der Wählermarkt ist im Fluss und eine wachsende Zahl von Menschen ist bereit, im Laufe der Zeit verschiedenen Parteien ihre Stimme zu geben.
  • Eine Berechenbarkeit – und in diesem Sinn Verbindlichkeit – der Politik wird dadurch immer schwieriger. Diese Folge des gesellschaftlichen Wandels ist jedoch nicht nur von Nachteil. Die Parteien versuchen den Ansprüchen und Forderungen der WählerInnen gerecht zu werden und passen sich an. Der Wähler selbst hat demnach eine gewisse Macht über die Gestaltung der Parteiinhalte und –maßnahmen. Streng genommen haben wir also immer die Regierung, die wir verdienen.
Ulrich Müller von clavis

Kommunikationsstrategie ist gefragt

Was bedeutet das nun für all jene, die die Politik zur Umsetzung ihrer Interessen brauchen? „Wenn man sich als Unternehmen oder als Projektwerber nicht auf die Politik verlassen kann – was frei nach Pelinka ja geradezu logisch ist – braucht es eine umso bessere Kommunikationsstrategie“, analysiert wikopreventk-Geschäftsführer Ulrich Müller.

Das Hauptrisiko: Dass kritische Stakeholder die öffentliche Meinung bestimmen und damit die Politik vor sich hertreiben. Damit droht das eigene Interesse auf der Strecke zu bleiben. „Das wichtigste ist daher, alle Stakeholder und deren jeweilige Interessenlage frühzeitig zu erfassen. Wenn diese Analyse sauber und laufend gemacht wird, kann es zu keinen überraschenden Entwicklungen kommen“, erklärt Müller.

Auf unerwünschte Szenarien kann man sich vorbereiten – und oft kann man mit kritischen Situationen dank vorausschauender Strategie sowie den richtigen Botschaften besser umgehen. Das dankt am Ende auch die Politik. „Die wenigsten Entscheidungsträger wollen wirtschaftlich sinnvolle Initiativen hintertreiben. Aber noch weniger Interesse haben sie daran, sich aus Loyalität zu einzelnen Unternehmen in die Nesseln der öffentlichen Meinung zu setzen und am Ende gar deswegen abwählen zu lassen.“

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