Am Wochenende sind die Wählerinnen und Wähler in ganz Europa zum Urnengang aufgefordert. Für Österreich stehen die Gewinner und Verlierer bereits fest, zumindest wenn es um die Analyse der formalen Verständlichkeit der Wahlprogramme geht.
Das Ergebnis ist durch die Bank enttäuschend: komplizierte Schachtelsätze mit bis zu 63 Wörtern, Wortungetüme und unzählige englische Fachbegriffe wie „Anti-Tax-Avoidance Directive“. Die Wahlprogramme der Parteien sind nach wie vor für viele Wählerinnen und Wähler unverständlich. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Analyse, die wir in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl Kommunikationswissenschaft der Universität Stuttgart-Hohenheim durchgeführt haben.
Am besten schneidet das Programm der SPÖ ab, mit einem Wert von 11,2 Punkten auf einer Skala von 1 bis 20. Das Schlusslicht bilden diesmal die NEOS, deren Programm mit nur 5,9 Punkten fast so unverständlich ist wie eine wissenschaftliche Doktorarbeit. Im Durchschnitt erreichen die Programme zur EU-Wahl einen Wert von 8,4. Das ist nochmal weniger als zur Nationalratswahl im Jahr 2017 (10,2 Punkte).
Die Parteien haben damit eine große Chance verpasst, gerade die komplexen EU-Themen verständlich zu erklären. Das Problem ist, dass Wahlprogramme oft das Ergebnis von Expertenrunden sind. Und diesen Spezialisten ist oft nicht bewusst, dass viele Wählerinnen und Wähler ihren Fachjargon nicht verstehen. Dass verständliche Kommunikation auch in der politischen Kommunikation möglich ist, zeigen die (oft von Profis verfassten) Einleitungstexte. Hier erreichen die Grünen einen Spitzenwert von 16,7 Punkten, gefolgt von SPÖ mit 14,2 und der ÖVP von 12,9 Punkten.
Und noch etwas fällt auf: Die FPÖ hat ganz auf ein Wahlprogramm verzichtet und setzt stattdessen nur noch auf Kurztexte in Broschüren und Online-Medien. Dieser Ansatz ist aber zu kurz gesprungen, meint Projektleiter Prof. Dr. Frank Brettschneider: „Damit fehlt den Wählerinnen und Wählern eine solide Basis, um politische Vorhaben der FPÖ für Europa im Detail beurteilen zu können.“
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