Medienarbeit über die klassischen Medien hat eine unverändert große Bedeutung – trotz Digitalisierung! Darüber spricht Experte Dietmar Eder im Interview. Er gibt außerdem Antworten auf die Fragen: Wie kann der Erfolg von Medienarbeit gemessen werden? Was ist die passende Antwort auf kritische Medienanfragen?
Ist klassische Medienarbeit in Zeiten der Digitalisierung noch zeitgemäß?
Dietmar Eder: Ja! Natürlich hat sich die Mediennutzung verändert. Viele Menschen beziehen ihre Informationen heute nicht mehr aus der Zeitung, sondern online oder über Social Media. Dennoch wird die Agenda, also worüber berichtet und in der Öffentlichkeit diskutiert wird, immer noch von Journalist:innen bestimmt. Und die erreicht man am besten über Medienarbeit für die klassischen Medien. Sie hat also eine unverändert große Bedeutung.
Wieso funktioniert Agenda Setting über Social Media nicht?
Dietmar Eder: Das kann man so nicht sagen. Es gibt z.B. Unternehmen, die ihre Presseaussendungen über Twitter oder Facebook absetzen. Meine Botschaft ist eine andere: Man muss die Journalist:innen erreichen, um die Öffentlichkeit zu erreichen. Das war auch bisher so. Insofern gelten weiterhin die bekannten Gesetzmäßigkeiten.
Also Medienarbeit wie immer?
Dietmar Eder: Nein, weil Ton und Bild immer wichtiger werden, ist die klassische Medienarbeit als rein analoges Paket vorbei. Mittlerweile müssen wir sie als eine Kombination aus analog und digital denken.

Wie findet man passende Medienkontakte?
Welche Kriterien spielen dabei eine Rolle?
Dietmar Eder: Medienkontakte können über (online) Recherchetools gefunden werden. Dabei ist, wie auch vorhin, die Zielgruppe ausschlaggebend. Die Überlegung ist: Über welche Medien erreiche ich die optimale Vermittlung meiner Botschaften an die gewünschte Zielgruppe? Vom Prinzip der Gießkanne ist allerdings stark abzuraten. Eine Presseaussendung, die auf gut Glück an unzählige Journalist:innen ausgeschickt wird, ist kontraproduktiv. Bei den meisten Medien gibt es Spezialist:innen für gewisse Themen, die mit einem guten Presseverteiler gezielt angesprochen werden können. Natürlich unterstützen wir von clavis auch gerne bei der Erstellung von Medienverteilern.
Wie kann man den Erfolg von klassischer Medienarbeit messen und welche KPIs sind dabei besonders aussagekräftig?
Dietmar Eder: Es gibt natürlich klassische Indikatoren wie die Reichweite, also wie viele Personen meine Botschaften gelesen, gehört oder gesehen haben. Ein weiterer Indikator ist die Sichtbarkeit, die angibt, wie oft das Thema in verschiedenen Kanälen, sowohl klassischen Medien als auch Online-Kanälen, aufgeschienen ist. Auch die Tonalität der Berichterstattung, also ob es vorwiegend positive, neutrale oder negative Berichte gibt, kann ein KPI sein. Allgemein ist die Erfolgsmessung in der Medienarbeit aber etwas komplizierter als in anderen Disziplinen, da sie stark vom Ziel abhängig ist. Bei manchen Themen will man vielleicht gar keine große Reichweite, sondern eher Spezialist:innen erreichen.
Wie gehen Unternehmen am besten mit kritischen Medienanfragen um und welche Strategien haben sich bewährt, um in der Öffentlichkeit positiv wahrgenommen zu werden?
Dietmar Eder: Das A und O bei kritischen Medienanfragen ist eine gute Vorbereitung. Kommt eine Anfrage, sollte diese zuerst intern besprochen werden, um eine passende Reaktion vorzubereiten. Die meisten Medien haben auch Verständnis, wenn es im Moment nicht möglich ist, die Fragen zu beantworten und man kurze Zeit später zurückruft. Trotzdem ist es aber wichtig, schnell, transparent und vor allem mit der Wahrheit auf die Anfrage zu reagieren. Grundsätzlich bin ich davon überzeugt, dass nur ganz selten Themen überraschend auf ein Unternehmen zukommen. Oft sind die Themen intern schon bekannt und werden dann plötzlich publik. Da kann es helfen, Issue Management zu betreiben und sich frühzeitig mit (riskanten) Themen im Unternehmensumfeld zu beschäftigen und sich auf diese vorzubereiten.
Welche weiteren Trends bestimmen aktuell die klassische Medienarbeit? Welche Veränderungen sind in Zukunft zu erwarten?
Dietmar Eder: Ein großes Thema ist künstliche Intelligenz. Diese wird allerdings nicht nur in der Medienarbeit, sondern auch für die klassischen Medien selbst relevant werden – mit allen Vor- und Nachteilen. Personalisierte Medienarbeit wird noch wichtiger werden als heute. Wie vorhin schon erwähnt: Maßgeschneiderte Informationen statt Gießkanne sind wichtig, um auch in Zeiten der Digitalisierung erfolgreiche Medienarbeit zu betreiben.