Sozialforschung: Leuchtturmeffekt für die Kommunikation

Florian Oberhuber ist Experte für angewandte Sozialforschung beim Wiener SORA Institut. Im Interview mit „Dialog mit Wirkung“ erklärt er, wie Sozialforschung eine faktenbasierte Kommunikation erleichtern kann.

Herr Dr. Oberhuber, sind die Sozialforschung und die Kommunikation ein gutes Team?

Florian Oberhuber: Wir leben in stürmischen Zeiten. Umfelder, Zielgruppen und Kommunikationskanäle verändern sich rasant. Altbewährte Rezepte und Erfahrungen bleiben nicht immer gültig.

In dieser Situation kann die Sozialforschung Orientierung bieten. Gut gemachte empirische Erhebungen sind ein verlässlicher Leuchtturm für die Kommunikation – und manchmal auch die Taschenlampe, mit der man genauer ausleuchtet, worüber sonst nur gemutmaßt werden kann.

Was leistet die Sozialforschung für die Kommunikation? Wie kann Sozialforschung den Boden für die Kommunikation aufbereiten?

Jedes Kommunikationsproblem ist einzigartig und es braucht mehr denn je unterschiedliche Perspektiven, um die beste Lösung zu finden.

Über die Jahre haben sich bei SORA langjährige Partnerschaften mit anderen Kommunikationsprofis etabliert. Man ergänzt sich gegenseitig im gesamten Projektverlauf:

von der Problemdefinition über das Austüfteln von Studiendesigns bis zur Formulierung von Strategien, Maßnahmen, Stories und der Evaluation von Kampagnen.

Gibt es konkrete Beispiele für ein gelungenes Zusammenspiel?

Es gibt nicht nur einzelne Anwendungen, sondern das Konzept der „Evidenzbasierten Beratung“ – als Gegenbild zur berüchtigten Strategiefindung durch den Guru oder „aus dem Bauch“.

Ein Beispiel aus meiner eigenen Arbeit ist die Zusammenarbeit mit wikopreventk für eine regionale Image-Strategie in der Obersteiermark. Wir konnten durch empirische Diskursanalysen zeigen, was aktuell falsch läuft, und durch eine Befragung die stärksten Hebel für eine neue Story identifizieren. Mit dieser Vorarbeit wurde der Austausch mit Stakeholdern, Kunden und den Kolleginnen von wikopreventk sehr konstruktiv, weil alle auf Basis des gleichen empirischen Fundaments argumentieren konnten.

Wo geht die Reise hin? Wie verändern sich Befragungen mit der zunehmenden Digitalisierung? Stirbt der klassische Fragebogen aus?

Für Forscherinnen und Forscher hat die Digitalisierung neue Möglichkeiten eröffnet. Es muss nicht immer eine Befragung sein: Über Statistiken und Datenbanken sind Auswertungen möglich, von denen wir früher nur träumen konnten, und das Internet ist eine riesige Quelle zur Erforschung von Stimmungsbildern.

Auftraggeber stehen angesichts dieser Fülle vor der Qual der Wahl und haben es zunehmend schwer, die Qualität des Gebotenen einzuschätzen. Online-Befragungen können zum Beispiel wunderbar kostengünstige Tools sein, doch für andere Fragestellungen sind sie schlicht ungeeignet. Als Forscher haben wir daher oft eine Beratungsrolle: Welche Erhebung ist effizient, was kann man aus bereits vorliegenden Daten herausholen – und wie behält man im Dschungel der Daten das große Ganze im Blick?

Analysen sollen schließlich Werkzeuge sein und kein Selbstzweck. Dass SORA kein eigenes Feld beschäftigt, ist hier ein Vorteil, denn wir können frei aus der gesamten Toolbox schöpfen.

Dr. Florian Oberhuber ist Sozialwissenschaftler und forschte in Brüssel, Wien und am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz zu den Themen Sprache, Identität, Politik und Kommunikation. Er wechselte 2007 in die angewandte Forschung und Beratung und leitet derzeit als Senior Consultant den Arbeitsbereich strategische Kommunikation beim Wiener SORA-Institut.

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