Wie kam es zum mehrjährigen Beteiligungsverfahren?
Zwischen Innsbruck und Franzensfeste entsteht die längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt – der Brenner-Basistunnel. Fast 2,8 Millionen LKW-Transitfahrten rollten 2019 über die Brennerautobahn und trotz Pandemie-Situation ist dasselbe Niveau im Frühjahr 2021 bereits wieder erreicht. Der Ausbau der Brennerachse als viergleisiges System ermöglicht eine Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene und wird den Verkehr im Alpenraum verändern. Mit der Eröffnung des Brenner-Basistunnels ist von einem starken Anstieg im Schienengüterverkehr auszugehen.

Der Brenner-Nordzulauf verläuft grenzüberschreitend durch Deutschland und Österreich. Verschiedene nationale Gesetze sind Grundlage der Planungen. Die koordinierte Zusammenarbeit von DB und ÖBB basiert auf der Prämisse, dass es keine nationalen Grenzen gäbe. Im April 2021 konnte die finale Trasse als Ergebnis eines mehrjährigen Trassenauswahlverfahrens vorgestellt werden.
Planungsbegleitender Dialog zum Brenner-Nordzulauf
clavis moderiert – unter der Leitung von Gesellschafterin Sabine Volgger – seit 2015 das Trassenauswahlverfahren, insbesondere im grenzüberschreitenden gemeinsamen Planungsraum, Regionalforum und regionalen Projektbeirat. DB und ÖBB setzen bei ihren Planungen auf eine sehr frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit. Über 200 RepräsentantInnen von Städten, Gemeinden und Interessensgruppen im Projektgebiet sind in Dialogforen vertreten. Darin werden alle Planungsschritte transparent erklärt und diskutiert. Ziel des Beteiligungsverfahrens ist es, die Planungen transparent und nachvollziehbar zu gestalten. Die Öffentlichkeitsbeteiligung für die Trassenauswahl basiert auf einem Verfahren, das international mehrfach erfolgreich durchgeführt wurde.

Trassenauswahl als erster Schritt der Beteiligung
Das Trassenauswahlverfahren wurde 2015 gestartet. Im Dialog mit der Bevölkerung wurde der Ausgleich zwischen technischen Belangen und dem Schutz von Mensch und Umwelt gemeinsam erarbeitet. Das lokale Wissen der Gemeindevertreterinnen in den Gremien bereicherte und verbesserte die Planung. Zu Beginn entstand in den Foren ein gemeinsamer Kriterienkatalog, Dieser berücksichtigt sowohl technische Belange als auch den Umweltschutz. Er war die zentrale Bewertungsgrundlage für die finale Auswahltrasse.
Im April 2021 konnte das Ergebnis des Trassenauswahlverfahrens vorgestellt werden. Diesem ging ein intensiver Planungsprozess der vergangenen fünfeinhalb Jahre voraus. Neben dem Kriterienkatalog wurden alle planerischen Grundlagen erhoben und der gesamte Planungsraum gescreent. Schrittweise haben sich die Planer über grobe Korridore und erste Grobtrassen zu fünf Grobtrassen für die vertiefende Planung herangetastet – und jeder dieser Schritte wurde von den Foren diskutiert und begleitet. Vor Abschluss der vertiefenden Planungen wurde ein Raumordnungsverfahren durchgeführt, das die fünf Grobtrassen hinsichtlich ihrer Raumverträglichkeit überprüfte. Anhand des Kriterienkatalogs wurden abschließend die vertieft geplanten Grobtrassen bewertet. Am Ende dieses umfassenden Planungsprozesses, der sämtliche Detailentscheidungen genauestens dokumentierte, konnte als eindeutiges Ergebnis die Trasse violett vorgestellt werden.
Planungsbegleitender Dialog wirkt
Ohne planungsbegleitenden Dialog würde das Ergebnis des Trassenauswahlverfahrens mit Sicherheit nicht so aussehen, wie es im April 2021 vorgestellt werden konnte. Ein gutes Beispiel ist der Kriterienkatalog. Er dient als Grundlage für die Trassenempfehlung. Die Dialogforen haben den Katalog diskutiert, ergänzt und angepasst. So haben sich über die Hälfte der Indikatoren geändert. Sie bilden die Erwartungen der Region sowie technische Belange ab.

Ein weiteres Beispiel ist der intensive Austausch in den Gremien, der die Planungen in vielfacher Weise beeinflusst hat. Überlegungen der Planer wurden von den VertreterInnen vor Ort reflektiert und deren Anliegen wurden direkt von den Planern gehört und wahrgenommen. Überlegungen der VertreterInnen konnten unmittelbar im Planungsprozess aufgenommen, geprüft und so weit möglich integriert werden. Damit konnten Konflikte minimiert und die Planungen verbessert werden.
Im weiteren Verlauf diskutierten wir mit der Region die Trassenvorschläge des Planers. Die BürgerInnen konnten eigene Ideen ergänzen, die von den Planern geprüft wurden. Im gemeinsamen und erweiterten Planungsraum kamen 110 unterschiedliche Vorschläge zusammen. Mit Erfolg: vier der fünf Trassenvarianten beinhalten Vorschläge aus der Region.
In den Dialog zu gehen, erfordert von allen Beteiligten vor allem Zeit – aber diese Zeit ist gut investiert und ein Gewinn für alle. clavis Kommunikationsberatung moderiert und begleitet den grenzüberschreitenden Dialog seit 2015 und moderiert die Umsetzung des Nordzulaufes auf österreichischer Seite.